Fliegerhorst Greifswald Ladebow 1934 bis 1945
Der Fliegerhorst Greifswald Ladebow, scheint von der Oberfläche verschwunden zu sein. Es gibt nur wenige Fotodokumente, die erhalten sind. Sie zeugen aber von seinem früheren Aussehen. Wer, ausgestattet mit den notwendigen Informationen und einem offenen Auge, durch Ladebow geht, wird auch heute noch Spuren und bauliche Relikte des ehemaligen Flugplatzes finden. Diese Seite soll ein Ersatz für die im Jahr 2017 abgeschaltete Seite www.fliegerhorste.de sein und weiter als kleiner Wegweiser dienen.
Mit dieser Seite ist auch denen gedankt, die Anfang der 1990 er Jahredie Grundlage für die Chronik des Fliegerhorstes Greifswald Ladebow geschaffen haben und auf deren Material ich zurückgegriffen habe: Thomas Günther , Horst Dörn, Ralf Stubbe
Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts gab es ein Interesse der Stadt Greifswald, in Ladebow Flugzeugindustrie und einen Flugplatz anzusiedeln.
Bereits in dieser Zeit bemühten sich die Stadtväter, die strukturarme Region wirtschaftlich voran zu bringen.
Im Jahr 1913 kam in der Greifswalder Stadtverwaltung die Idee auf, das Universitätsgut Ladebow gegen ein städtisches Gut zu tauschen. Im selben Jahr schlug die gemeinnützige Pommersche Landgesellschaft m.B.H. vor, Ladebow der Aufsiedlung zuzuführen.
1925 wurde die Luftverkehr Pommern G.m.b.H. gegründet.
Die Stadt Greifswald wird Gesellschafter, ohne in den Flugbetrieb eingebunden zu sein. Es erfolgte eine Besichtigung Ladebows durch Vertreter derProvinzialverwaltung mit Hintergrund der Einrichtung eines Flugplatzes für die Luftfahrzeug Stralsund G.m.b.H.
Im September 1926 fand eine erste inoffizielle Kontaktaufnahme von Vertretern der Flugzeugbaufirmen Heinkel und Rohrbach mit dem Rektor der Universität und Vertretern der Stadt; diese schlagen die Herausgabe des Gutes Ladebow im Tausch gegen andere vor.
Oktober 1926: offizielle Anfrage von Fa. Rohrbach an die Stadt, ob diese Flächen für die Firmenansiedlung zur Verfügung stellen könne; Einbeziehung der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt in die Verhandlungen.
Bis zum Jahr 1928 bekundeten die Firmen Rohrbach Metallflugzeugbau GmbH ihr Interesse, die Produktion von Flugbooten in Ladebow anzusiedeln. Ebenso verhandelt die Firma Heinkel über den Bau einer Niederlassung in Greifswald
Beide Projekte sind nicht verwirklicht worden.
Der Aufbau
Nach den politischen Veränderungen im Jahre 1933 und der nun folgenden Förderung des Flugsportes ist ein Teil des universitätseigenen Geländes der Gemarkung "Ladebow Meierei" für die den Zweck der Schaffung einer Fliegerübungsstelle des studentischen Flugsportes zur Verfügung gestellt worden. Ein wichtiges Ereignis von überregionaler Bedeutung ist im Juni 1934 nachzuweisen. 120 Flugzeuge des Deutschlandfluges 1934 landeten auf dem Flugplatz der Fliegerortsgruppe Greifswald. Der Platz sowie die errichteten Gebäude gingen 1934 in den Besitz der Deutschen Verkehrsflieger Schule (D.V.S.) über. Die D. V. S. stellte eine Tarnorganisation zum geheimen Aufbau der Luftwaffe dar. Ob die Fliegerortsgruppe der Universität weiter bestand und ein anderes Gelände nutzte ist nicht bekannt. Ab Mai 1934 erfolgte der Ausbau des Platzes unter Leitung des Bauleiters Müller. Die Maßnahmen umfassten unter anderem:
Geländetausch zwischen der Universität und der Stadt Greifswald, um einen einzelnen Ansprechpartner für die benutzten Flächen zu erhalten.
Bau des Anschlussgleises vom Abzweig der Hafenbahn mit der Querung des Flusses Ryck bis zum Flugplatz
Bau der Betonstraße nach Greifswald
Kürzung des Kirchturms der Wiecker Kirche
Ankauf der Insel Koos durch das Reichsluftfahrtministerium als Zielgebiet für den Bombenwurf sowie für Schießübungen vom Flugzeug aus
Schaffung von Wohnraum für Offiziere und Beamte und Zivilangestellte in der Gutssiedlung Ladebow sowie im Stadtgebiet
Einrichtung einer Buslinie von Greifswald zur Flugplatzsiedlung
Ansicht des Wachgebäudes und eines Gebäudes der Flughafenkommandantur. Die Mauer im Hintergrund ist bis heute erhalten.
Bilder von der Flugplatzfeuerwehr. Leider sind keine Informationen über Ausstattung und Mannschaftsstärke bekannt. Die Feuerwache befand sich nördlich von der Kommandantur.
Fotos: Archiv Peters
Am 01.04.1935 wurde die Fliegerhorstkommandantur aufgestellt. Damit beginnt der eigentliche militärische Betrieb und die Nutzung der modernen Anlage.
Folgende Einheiten belegten den Standort zur Friedenszeit zwischen 1935 und 1939:
Fliegergruppe Greifswald, später umbenannt in II. / KG 152
Stab, II. und III. KG 152 "Hindenburg"
Stab und III. / (Kampf) Lehrgeschwader (LG) Greifswald bzw. später LG 1
Luftnachrichten - Lehrabteilung mit der 2. (Leithorst) und der 3. (Funkpeil- und Horch) Lehrkompanie.
Hierbei ist festzuhalten, dass es sich bei den drei Erstgenannten im Grunde stets um dieselben Verbände handelte, die jedoch im Rahmen von Teilungen und Umstrukturierungen immer wieder umbenannt und umgegliedert wurden. Das KG Hindenburg war außer in Greifswald auch in Teilen in Neubrandenburg und Barth stationiert. Die eingesetzten Flugzeugtypen spiegeln den Ausrüstungswandel der Kampfgeschwader wider: von der Do 23 über die Ju 52 als Behelfsbomber bis hin zur Ju 86 und He 111.
Nach Beginn des 2. Weltkrieges belegten folgende Schul- und Einsatzverbände den Fliegerhorst, sei es als Heimatplatz, als zeitweisen Absprungplatz oder zur Auffrischung. Lehrgruppe Ju88 - wurde zur Erg. KGr 4 - von November 1939 bis Mai 1941
Stab und I. und III. / Große Kampffliegerschule 3 von
Juni 1941 - September 1942, wurde zum Stab bzw. Kampfschulgeschwader 1 und weiter zum KG 101 mstrukturiert.
Das Kampfschulgeschwader wurde im Oktober 1944 aufgelöst. Teile verbleiben als Bomben- und Zielfinderschule in Ladebow. Andere Verbandsteile wurden abgegeben, so z. B. an das KG 66, das ab Herbst 1944 MISTEL- Einheiten in Burg aufstellte. Eine Episode am Rande stellt die Desertierung eines Piloten im Jahre 1942 dar. Zusammen mit einem Kameraden wollte er nach England desertiern, verflog sich jedoch. Die Maschine musste vor Norwegen notwassern und versank. Im Jahre 2000 wurde das Flugzeug geborgen und wird derzeit in Norwegen restauriert. Näheres unter www.Ju88.net. Im Gegensatz zu den vorgenannten gaben die 12./KG 51, die II./KG 53 (Legion Condor), die II./KG 4 (General Wever) und Stab und I./KG 30 (Adler) nur kurze "Gastspiele" auf dem Platz.Kurz waren auch die Stationierungen von Jagdverbänden wie Stab und I./JG 1 (Oesau), IV./JG 3 (Udet), Stab JG 103, IV./NJG 5, I./NJG 100
Weiterhin wurde von September 1944 bis April 1945 die "Leichte Heimatflakbatterie 9/III" von Stettin nach Greifswald verlegt. Der Bombenkrieg der Alliierten wirkte sich indirekt auch auf Greifswald aus. Die Arado - Flugzeugwerke dezentralisierten die Fertigung. Eine Flugzeughalle in Greifswald diente ab 1943 zur Rumpfmontage des Jagdflugzeuges FW 190 bevor dieses in Tutow zur Endmontage gelangte.
Quelle: MUZEUM POWSTANIA WARSZAWSKIEGO, Bild 8: Peter Binder, © Heino Förste,
Das Ende des Fliegerhorstes
Das Ende des Platzes kam Ende April 1945. In der Nacht vom 29. auf den 30.04.45 verließen die letzten Luftwaffensoldaten sowie etliche Familien der Flugplatztsiedlung den Platz Richtung Westen. Am 30.04.45 wurde der Platz ohne Kampfhandlungen von der Roten Armee eingenommen. Die sowjetischen Truppen belegten den Fliegerhorst bis ca. Herbst 1948 mit einer Viehwirtschaftseinheit. Die gesamte Anlage wurde nach Ausbau der Ausstattungen bzw. Inneneinrichtungen gesprengt. Im Sommer 1947 wurde das Rollfeld durch die SMAD im Zuge der Bodenreform für die Nutzung als Ackerland freigegeben. Die Trümmer der Sprengungen nutzte u. a. die Bauwirtschaft nach Zerkleinerung zur Herstellung von Betonbauelementen.
Luftbild von 1943 © RCAHMS. Licensor RCAHMS / aerial.rcahms.gov.uk / Heino Förste und 1953, Quelle: Dr. Ralf Scheibe, Ladebow im 20. Jahrhundert Der Nordosten der Hansestadt Greifswald im Spannungsfeld zwischen Landwirtschaft, Industrie und Militär.
Auf dem Luftbild von 1953 sind noch die Umrisse der ab 1947 gesprengten, militärisch genutzen Anlagen zu sehen. .Das ehemalige Flugfeld wurde im Rahmen der Bodenreform an Neubauern vergeben. Östlich des Flugfeldes entstanden Wohnhäuser.